Ich sitze in Siena am Piazza del Campo und lasse die Seele und die Füße baumeln. Letztere wollen heute partout nicht mehr weiter… zum Glück ist meine Unterkunft keine 100 Meter von hier entfernt. Meine eigentliche Etappe führte heute von San Gimignano über Monte Oliveto und Montauto nach Colle di Val d’Elsa. Die insgesamt rund 21 Kilometer bin ich meistens über freundliche Wege gegangen… bis auf die 50 Meter, die ich von einem großen, freilaufenden und knurrendem Hund eskortiert wurde. Wahrscheinlich roch ich aber nicht genug nach kleinem Wildschwein, denn er beließ es zum Glück beim Knurren und drehte irgendwann wieder um. Obwohl ich meine Klamotten jeden Tag von Hand wasche und im Wechsel trage, habe ich anscheinend schon besser gerochen. Die anschließende Strecke hinter Montauto verlief relativ unspektakulär… bis ich nach einer Kurve plötzlich einen kleinen Bach überqueren durfte und auf eine wild zugewucherte Wiese zulief. Dort standen nur wenige Meter vor mir drei große Rehe. Bevor ich Foto machen konnte waren die Tiere natürlich längst im Wald verschwunden. Mein Weg war dummerweise aber auch weg… Weg weg. (Das kleine Wortspiel gefällt mir gerade… ich sollte keinen Wein mehr bestellen.) Auf jeden Fall habe ich eine ganze Weile fassungslos nach diesem Weg gesucht und ich sah mich schon einen großen Teil der Strecke wieder zurückgehen. Doch dann, kurz bevor ich umkehren wollte, entdeckte ich fast an der gleichen Stelle, an der die Rehe verschwunden waren, eine kleine Öffnung im Wald… und dahinter meinen Weg nach Colle di Val d’Elsa. Als ich die Stadt dann am frühen Nachmittag erreichte, war ich angenehm überrascht. Die Altstadt, die auf einem Berg liegt, hat ihren Namen wirklich verdient. Ich glaube, ich habe noch keine ältere Stadt gesehen… wirklich sehr schön. Ich bin dann, nach einem kurzen Rundgang, mit einem klapprigen Fahrstuhl in die sogenannte „Unterstadt“ gefahren. Diese war zwar weniger ansprechend, aber von dort aus fuhr mein Bus nach Siena.
Ja,… und dort bin ich nun. Da ich in den letzten Stunden hier nicht nur einige Sehenswürdigkeiten erkundet habe, sondern auch noch zum außerhalb liegenden Bahnhof marschiert bin und mir ein Zugticket nach Asciano besorgt habe, bin ich heute bestimmt weit über 30 Kilometer zu Fuß gegangen. In Asciano beginnt morgen früh quasi der zweite Teil meiner Tour, der mich dann in ein Gebiet der Toskana führt, das ich noch gar nicht kenne. Da mir in Siena, vor allem im Dunkeln, der Piazza del Campo am besten gefällt, bleib ich noch ein Weinchen hier sitzen.
Die Karte zur heutigen Etappe: